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Das Phänomen Akkommodation bezieht sich auf die Tendenz der Sprechenden, ihr verbales und nonverbales Verhalten an das einer anderen Person anzupassen, sei es während einer Interaktion oder wegen erhöhtem Einfluss eines Gegenübers. Sprechende können sich ihren Gesprächspartnern anpassen, entweder indem sie sich ihnen annähern (Konvergenz) oder indem sie individuelle Unterschiede betonen (Divergenz).
In Sprachaufgaben mit unterschiedlichem Mass an Spontaneität (z.B. Shadowing / Map / Diapix Aufgaben, spontane Interaktionen zwischen zwei Gesprächspartnern, Mehrparteiengespräche) wurden auf den Ebenen Wortschatz, Grammatik, Aussprache, Mimik und Körperbewegungen Nachweise von Akkommodation beobachtet. Akkommodation findet nicht nur in gesprochenen, sondern auch in schriftlichen Interaktionen statt, und es gibt dokumentierte Hinweise auf Konvergenz zwischen nicht-menschlichen Primaten sowie in (uni-)bidirektionalen Mensch-Maschine-Interaktionen.
In Bezug auf sprachbasierte Akkommodation ist es trotz umfangreicher Forschung sehr umstritten, ob die Akkommodation durch einen schwachen automatisierten Mechanismus erklärt werden kann, der auf einer Verbindung zwischen Wahrnehmung und Erzeugung basiert, oder durch andere Faktoren wie gegenseitige Sympathie, phonetische Distanz zwischen den Sprechern, Gesprächsdynamiken oder eine Kombination davon. Inzwischen ist ebenso umstritten, welche segmentalen und suprasegmentalen Merkmale Forscher für die Untersuchung von Akkommodation ermitteln sollten, da die Konvergenz zwischen den Rednern und zwischen den einzelnen Messungen stark variiert.
Derzeit untersucht die Forschungsgruppe das komplexe Phänomen der linguistischen und sprachlichen Akkommodation in Bezug auf vier Hauptbereiche, die thematisch mit den Forschungsthemen Sprache im Raum und Sprache durch Raum
verknüpft sind:
1. Akkommodation in einer Dialektkontakt-Situation;
2. Entwicklungsaspekte der Akkommodation;
3. Sprachliche Akkommodation bei Menschen und Computer;
4. Kongruenz und Code-Mixing im zwei- und mehrsprachigen Umfeld.
Zusammenfassend zielen diese Forschungsarbeiten darauf ab, das Wissen über die komplexe Akkommodation zu erweitern. Durch den Vergleich von Fällen bei Mensch-Mensch und Mensch-Computer Akkommodation und die Kombination von linguistischen, akustischen, artikulatorischen und Wahrnehmungsbasierten Daten will die Forschungsgruppe Aufschluss geben über:
a) Mechanismen und Funktionen, die zu linguistischer und phonetischer Konvergenz führen;
b) den Beitrag der Akkommodation zu Sprachvariation und Sprachwandel;
c) Auswirkungen der sprachlichen Akkomodation auf die Identifizierung von menschlichen und maschinellen Sprechertypen.
Neben den beteiligten Forschern der UZH führt die Forschungsgruppe die Projekte zur sprachlichen und linguistischen Akkommodation in Zusammenarbeit mit einem multidisziplinären Forschungsnetzwerk durch, unter anderem mit Bern Möbius (Universität des Saarlandes, DE) und Gabriel Skantze (KTH Royal Institute of Technology, SE) im Bereich der Mensch-Maschine-Interaktion; Jennifer Pardo (Montclair State University, USA) im Bereich der menschlichen Kommunikation; Thayabaran Kathiresan (Zentrum für forensische Phonetik und Akustik - Universität Zürich, CH), Andrea Fröhlich (Forensisches Institut Zürich, CH) und Anil Alexander (Oxford Wave Research, UK) für die Untersuchung der Auswirkungen der Akkommodation auf die Sprechererkennung und forensische Sprechervergleiche.